Samstag, 30. März 2002

Fidel Castro Ruz anläßlich der Offenen Tribüne der Revolution in Buey Arriba, Provinz Granma.

Ansprache des Comandante en Jefe Fidel Castro Ruz, Erster Sekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Kubas und Vorsitzender des Staats- und Ministerrates, anläßlich der Offenen Tribüne der Revolution in Buey Arriba, Provinz Granma. Vom Autor wurden einige Angaben hinzugefügt, im wesentlichen im Zusammenhang mit den Gefechten der letzten Offensive der Truppen der Tyrannei und der Endoffensive der Rebellenarmee. 30. März 2002, „Jahr der Helden in Gefangenschaft des Imperiums“


Liebe Mitbürger von Buey Arriba, von Granma und von Kuba!



Der Zufall wollte es, daß in den letzten Tagen gleichzeitig vier bedeutende Programme der Revolution Realität werden sollten; ein Ergebnis der großen Schlacht der Ideen, die wir austragen.



Dieser Akt hier ist für uns, für alle Bürger Orientes und für das gesamte Land von außerordentlicher symbolischer Bedeutung.



Die von mir erwähnten Programme waren in der Reihenfolge der Einweihungen in Granma erstens die Fertigstellung und Einweihung der Schule für Bildende Kunst in Manzanillo, die den Namen des berühmten Malers und Intellektuellen Carlos Enríquez trägt. Die Wahl des Namens war nicht einfach, denn es gibt viele berühmte Maler und mit jedem Tag werden es mehr sein; zweitens das Programm der integralen Ausbildung von Jugendlichen (Ausrufe), in das bereits fast 80 000 junge Kubaner aufgenommen wurden; drittens das Programm der Einrichtung und Schaffung – wir könnten sagen – von Videosälen in jenen Landgemeinden, in denen es keinerlei Stromversorgung gibt; viertens das kolossale Programm der Einrichtung von Computerlabors oder, im Falle kleiner Schulen, der Aufstellung von PC’s für die Unterrichtung dieses Faches in der oberen Gymnasialstufe, den Mittel- und sämtlichen Grundschulen bei Einbeziehung der Kinder der Vorschulerziehung.



Ich weiß nicht, ob es auf der Welt noch ein Land gibt, das ein Programm diesen Ausmaßes und diesen Umfanges in der Unterrichtung der Computertechnik umgesetzt hätte; und sicher erhalten die Kinder der Vorschulerziehung, der Grund- und Mittelschule dieses Gebirgsmunizipiums – ob es hier eine gymnasiale Oberstufe gibt, ist mir nicht bekannt – diesen Unterricht. Gäbe es irgendein Land der Welt, das ein so umfassendes, so anspruchsvolles, so präzises, so exaktes Programm umgesetzt hätte, so kann doch mit aller Sicherheit behauptet werden, daß dies niemand in acht Monaten fertiggebracht hat und vielleicht auch niemals fertigbringen wird (Ausrufe „Viva Fidel“) mit Vorbereitung von Lehrpersonal und der Schaffung von mehr als 12 000 anständigen Arbeitsplätzen, die in künftigen Jahren in dem Maße wie das Programm Früchte trägt und in dem Maße wie diese heute unterrichtenden vielen Tausend Jugendlichen mehr und mehr Kenntnisse erlangen, eine starke Anerkennung durch die Gesellschaft finden werden. (Applaus)



Der Zufall wollte ebenfalls, daß einige Stunden vor Antritt unserer Reise nach Manzanillo in Havanna ein weiterer außerordentlicher Tatbestand verkündet wurde: die Ausrottung des Denguevirus (Ausrufe) und die Reduzierung auf fast Null des gefährlichen Vektors Aedes aegypti.



Vieles könnte zur Bedeutung dieser vier Programme gesagt werden. Die in Manzanillo eingeweihte Schule für bildende Kunst ist eine jener sieben, die die Revolution im Zeitraum 2001/2002 geplant hat. Von diesen sieben sind zwei fertiggestellt; vier weitere werden noch vor September fertig sein. Zwar werden bereits provisorische Räume für diese Aktivität genutzt, doch zu diesem Termin werden die entsprechenden Gebäude fertig sein; und mit der siebten Schule wird man vielleicht noch vor Jahresende rechnen können. Dazu kommt die Rekonstruktion und Erweiterung weiterer Schulen dieser Art, mit denen sich dann insgesamt die Anzahl der heute in den Schulen für bildende Kunst Lernenden verdoppelt haben wird.



Ich beziehe mich auf die bildende Kunst, denn in diesem Falle ist es die Repräsentation einer enormen Bewegung, der sich in unserem Land abspielende kulturelle Ausbruch, der in anderen Richtungen von Kunst und Geistesschaffen seinen Ausdruck findet. Es ist dies bei allen offenen Tribünen zu sehen, an Kindern, Heranwachsenden, Jugendlichen, der Bevölkerung insgesamt; wie es sich auf der unlängst stattgefundenen Internationalen Buchmesse gezeigt hat; ein Fest, das sich auf die 17 bedeutendsten Städte Kubas ausdehnte; ein Phänomen, das man ebenfalls von keinem anderen Land sagen kann. So findet in unserer Heimat im Tanz, in der Musik, dem Theater und anderen Richtungen der Kunst und des Geistesschaffens die Bewegung ihren Ausdruck.



Unser Minister für Kultur bezog sich darauf in seiner Rede zur Einweihung der Schule von Manzanillo, als er sagte, daß sich die Besucherzahl von Theatern, Museen, Musik- und anderen Veranstaltungen faktisch verdoppelt hat. Das ist auch hier an diesem Munizipium der Provinz Granma zu sehen. Wir sehen dies nicht nur an den Kindern, die hier vortragen, was ein Ausdruck von Intelligenz und Kunst ist aufgrund der, wie könnten sagen, Ausdrucks- und Redefähigkeit, aufgrund der Reden, die ihnen niemand schreibt, sondern die sie selbst ausarbeiten. An wieviel Orten der Welt wird man so außerordentliche Kommunikatoren finden, wie es unsere Kinder sind? Wir sehen dies an jenen, die hier vortragen, die hier tanzen, die hier singen oder an dem Musikerduo, dem Paar, das uns hier mit seiner wunderbaren Darbietung erfreute. Es ist dies etwas, das allerorts erblüht, und dabei stehen wir erst am Anfang.



Man muß nicht fragen, woher jenes Mädchen, woher jener Junge, woher jene Gruppe kommt, die hier gesungen hat. Nein, sie kommen nicht aus dem Ausland, nicht aus der Hauptstadt. Sie kommen aus der Provinz Granma (Applaus), eine der wirtschaftlich am wenigsten entwickelten, oder sie kommen aus dem Munizipium, wo, sagen wir, eine Tribüne wie diese schöne hier durchgeführt wird; und dabei meine ich nicht die Tribüne, auf der ich stehe, sondern jene große, die ich von hier in diesem Gelände sehen kann, wo das Volk steht (Ausrufe), das den Platz mit mehr als 25 000 Teilnehmern gefüllt hat, wo man doch nur mit etwa 15 000 gerechnet hat. Glück haben die Fernsehzuschauer, die das Gleiche sehen wie ich von hier aus sehen kann; denn Ihr könnt Euch ja nicht selbst betrachten; Ihr könnt nicht dieses Bild von Volk, Fahnen, Begeisterung, revolutionärem Geist betrachten; kaum daß Ihr jene Fahnen, die Bäume, die Anhöhen und das rechts und links im Hintergrund sich erhebende Gebirge Betrachten könnt. (Beifall und Ausrufe)



Zu den vier Programmen, die ich nannte, ist nur sehr wenig noch hinzuzufügen; vieles ist gesagt. Wenn ich etwas hinzufüge, dann das, daß uns die Anwesenheit der 81 Maler und Bildhauer ehrte, die zu den hervorragendsten bildenden Künstlern des Landes und der Ostprovinzen, Camagüey eingeschlossen (Applaus), zählen. Dabei sind sie nur eine Vertretung all dessen, was es heute in Kuba gibt. Unter unseren Künstlern, unserer Intellektuellen ist ein neuer Geist, ein Klima von Frohsinn zu spüren. In der neuen Schule wurden Wandmalereien als Erinnerung angebracht. Diese präsentierte sich als mit modernsten Mitteln ausgestattete Bildungseinrichtung, wo die Kinder von Arbeitern, Bauern und dem einfachen Volk, das die materiellen und geistigen Güter sowie die für das Land lebenswichtigen Leistungen produziert, zweifelsohne eine ganz außergewöhnliche Bildung erhalten werden. (Beifall) Das ist ein hinreichender Grund zur Genugtuung. Die beiden wichtigsten Städte dieser Provinz – Schwestern im Kampf, Schwestern in der Historie und Schwestern im Ruhm – Bayamo und Manzanillo, werden auch jede eine Schule wie diese haben – die von Bayamo wird bald fertiggestellt sein – mit Schülern aus sämtlichen Munizipien. Das ist das Gute daran und die Beteiligung von Jugendlichen aus den Landkreisen wird sich weiter erhöhen in dem Maße wie Zeit zur Verfügung steht, um die Schüler auszuwählen, die alljährlich in diese Schulen aufgenommen werden.



Bei der Schuleinweihung sahen wir auch eine Wanderbühne. Es ist die Initiative eines jungen Künstlers, der Theater, Bücher und Musik an jeden beliebigen Ort bringt. Wieviel Dinge und wieviel Initiativen sind doch überall zu sehen!



Vom Einweihungsakt des Programms zur integralen Ausbildung von Jugendlichen muß ich sagen, daß er zu den beeindruckendsten Dingen gehört, die ich in meinem Leben gesehen habe (Ausrufe), denn ich betrachtete jene Menge Jugendlicher, denen das Leben die härtesten Momente gezeigt hat, denen das Leben Opfer und Schwierigkeiten gezeigt hat. Nun sah man sie dort im vollen Bewußtsein, daß sich ihnen das Tor zu einer leuchtenden Zukunft im Bereich des Wissens, der Kultur, der Geistes- und Naturwissenschaften auftat. (Beifall) Eine Schule, an deren Eingang ein, man könnte sagen Losung mit folgendem Wortlaut steht: „Tritt ein und mach aus deinem Leben, was du selber willst.“ (Beifall) Diejenigen, die aus diesem oder jenem Grunde sehr wenig günstige Gelegenheiten im Leben gehabt oder diese verloren hatten, zeigten Leidenschaft, Gefühl, Würde und Stolz mit dem weisen und edlen Entschluß, sich in diese Schulen einzutragen und erneut Möglichkeiten zum Erlangen tiefgründiger Kenntnisse und dem Erreichen der gesteckten Ziele zu schaffen. (Beifall)



Vom dritten Akt kann ich sagen, daß dort auch etwas vollkommen Neues zu sehen war. Jene sogenannten Videosäle sind viel mehr als das. Das haben wir gestern entdeckt. Wir haben es gespürt, denn die Idee, Gelegenheit für den Erhalt von Information und Kenntnissen, für kulturelle und sportliche Freizeitgestaltung zu bieten, war bereits zu einer Art Mikrouniversität geworden, wo Familienärzte, Lehrer, Massenorganisationen, Vertreter der Poder Popular (Volksmacht), also all jene, die anspruchsvollen Programme der Volksgesundheit umsetzen und zeigen, wie man in Anbetracht der Leiden, die man haben kann, leben sollte – jeder kann mehr oder weniger mit einem Leiden behaftet sein, vor allem mit fortschreitendem Alter können sich Krankheiten einstellen – was man tun darf und was nicht oder, wenn man so will, was man tun sollte und was nicht. Das Ganze mündet in Wohlergehen, Gesundheit, Glück für den Einzelnen und alle seine Angehörigen, in Glück für das ganze Volk. (Beifall)



Dort werden sie aber in noch anderen Fächern sozialen Inhalts unterrichtet, die ihnen erlauben, Probleme dieser oder jener Art anzugehen, die schädlichen Gewohnheiten beträchtlich zu reduzieren, wie dies beispielsweise bereits mit dem Rauchen der Fall ist oder daß die Raucher zumindest bei sich zu Hause oder an anderen Orten rauchen, wo sie allein sind und nicht mit 30, 40 oder 50 Personen versammelt. Auch werden sie beitragen, auf sozialen Treffen und Festen den übermäßigen Alkoholkonsum einzuschränken, denn in diesen Sälen wird überhaupt kein Alkohol getrunken. Die Bauern und ihre Angehörigen tragen ihre beste Kleidung, wenn sie diese Stätten besuchen. Es kommt zu keinen Streitigkeiten, keinen unangenehmen Zwischenfallen, die teilweise noch immer Zeichen von mangelnder Bildung und eines Volkes unwürdig sind, das sich in sämtlichen Bereichen, speziell in denen des Wissens und der Kultur, im Umbruch befindet. (Beifall)



Die Lebenserwartung der Söhne unseres Volkes wird sich erhöhen, und das trotz der widrigen klimatischen Bedingungen, der Hitze und der häufig mißlichen Umstände, denn es ist außerdem ein feuchtes Klima, das ganze Gegenteil von dem der Industrieländer in den gemäßigten Zonen.



Ein gutes Beispiel sind die Angaben zur Kindersterblichkeit; in Kuba, diesem Kuba, das so lange vom Kolonialismus mit Füßen getreten wurde, das vom Neokolonialismus und dem Imperialismus mit Füßen getreten wurde, lag die Säuglingssterblichkeit zum Zeitpunkt des Sieges der Revolution nicht unter 60 pro 1000 Lebendgeburten – für den Fall, daß jene Statistiken zuverlässig sind; ich glaube nämlich, es gab keine seriösen Statistiken. Wer weiß, wieviel Todesfälle überhaupt nicht registriert wurden; wie jene, die auf der anderen Seite der Sierra die Küste voller Kreuze der Bauern und ihrer Angehörigen stellten, die am Ufer des Meeres starben, wo sie auf einen – wie sie sagten – Schoner warteten, der dort vorbeikäme. Seit geraumer Zeit ist Schluß mit den Gräbern, und seit geraumer Zeit wird den noch ungeborenen Kindern und ihren Müttern in 12, 13 oder 14 Terminen ärztliche Betreuung zuteil sowie sämtliche erforderlichen Untersuchungen. Schwangerenheime tragen zur Heilung von die werdende Mutter gefährdenden Krankheiten bei, auf diese Weise Mutter und Kind schützend. Das ist auch ein Grund für die niedrige Müttersterblichkeit in unserem Land sowie für die niedrige Mortalität bei Kindern von 0 bis 1 Jahr und von 0 bis 5 Jahren, in denen das Risiko am größten ist. (Beifall)



Dieses Land verfügt heute über 67 000 Ärzte und damit über die höchste Pro-Kopf-Kennziffer der Welt, denn sie beträgt fast das Doppelte des am weitesten entwickelten Landes. Mit diesen Ärzten betreuen wir nicht nur unser Volk, sondern verfügen über Humanressourcen zur Unterstützung anderer Völker, und alljährlich nehmen 3000 kubanische Studenten das Medizinstudium auf.



Aus diesen Bemühungen resultiert das immense, das fabelhafte Humankapital, das unser Land an Ärzten, Lehrern, Technikern besitzt (Beifall), das, ich wiederhole, kein anderen Land der Welt im Verhältnis zu seiner Bevölkerungszahl und den Ressourcen aufzuweisen hat. So sind es in den Vereinigten Staaten 7 pro 1000 lebend geborene Kinder, die vor Vollendung ihres ersten Lebensjahres sterben; währenddessen in Kuba, dem – wie schon gesagt – gequälten Land, es nur 6 pro 1000 Lebendgeburten sind, und das unter diesen klimatischen Bedingungen, wie bereits gesagt; und wir müssen uns um eine weitere Senkung dieser Kennziffer bemühen. Es gibt Provinzen mit 5, Provinzen unter 5 und ganze Munizipien, die nicht einen Todesfall im Jahr registriert haben. Das läßt die derzeitigen Möglichkeiten unseres Landes erkennen. (Beifall und Ausrufe)



(Schaut auf die Uhr) Die Zeit vergeht, und noch habe ich einige Ideen darzulegen.



Es gereichte zu einer starken Genugtuung, daß diese vier Programme hier in der Provinz Granma eingeweiht werden konnten, die so voller Geschichte, so voller Verdienste ist. (Ausrufe)



Man kann unmöglich vergessen, daß es hier war, in dieser Provinz, in La Demajagua, wo im Jahr 1868 unser erster Krieg für die Unabhängigkeit begann.



Man kann unmöglich vergessen, daß hier an erster Stelle die Freilassung der Sklaven erfolgte in revolutionärer Tat jenes großen Patrioten, der Carlos Manuel de Céspedes war. Er hatte die Möglichkeit gehabt zu studieren und war daher in der Lage, eine Revolution zu konzipieren und anzuführen. Seine Überzeugung trieb ihn von Anfang an zu diesem Akt elementarer Gerechtigkeit. Sie marschierten nach Bayamo, besetzten die Stadt; in Bayamo wurden glorreiche Seiten geschrieben, die glorreichsten in der Geschichte unseres Vaterlandes. Dort erklang jene Hymne, die uns mit so viel Stolz erfüllt und uns zu Herzen geht, wenn wir sie hören. Dort vollbrachte Máximo Gómez die erste Sturmattacke mit der Machete gegen die Kolonialtruppen, die, aus Santiago de Cuba kommend, von Baire in Richtung Bayamo vorstießen. Dort entdeckten die Kubaner ihre Waffe Nummer eins, die Machete; jene Machete, mit der sie auf den Feldern arbeiteten; und danach die Reiterei. Machete und Pferd waren ihre Hauptwaffen, mit denen sie die glorreichen Seiten in der Geschichte unseres Vaterlandes zu schreiben begannen. (Beifall) Dort, bei Dos Ríos, opferte der Apostel der Unabhängigkeit José Martí sein Leben; ein Genius der Ideen, der edelsten Ideen, die man haben kann, Nationalheld des Vaterlandes, dessen Ideen die Generation des Centenariums inspirierte und heute unser ganzes Volk inspiriert und immer stärker inspirieren wird.



Als der in Granma ausgelöste Kampf auf Santiago de Cuba übergriff, auf den Rest der ehemaligen Ostprovinz und auf Camagüey, war eine Unabhängigkeitsbewegung eines faktisch unbewaffneten Volkes entstanden. Inmitten einer Sklavenhaltergesellschaft, die das wesentliche Merkmal jener Kolonie war, in der die sogenannten Kreolen gar keine Patrioten sein konnten, denn sie waren Besitzer großer Ländereien und vieler Sklaven und hegten seit Anfang des 19. Jahrhunderts den Wunsch der Annexion an die Vereinigten Staaten und nicht den der Unabhängigkeit; also inmitten dieser Gesellschaft brachte jene heroische Bewegung - beginnend mit nur einer Handvoll Männer, die sich hier in Waffen erhoben hatten – den Krieg bis ins Landeszentrum und rollt beinahe bis in die Westprovinzen auf, wo mit Sklavenarbeit die wesentlichen Reichtümer erzeugt wurden, die die Kolonialherren zur Niederwerfung der revolutionären Bewegung benutzten. Zehn Jahre lang kämpften die Patrioten ohne Waffenruhe. Nach einer kurzen nicht von allen akzeptierten und durch Zwistigkeiten erzwungenen kurzen Waffenruhe ließen sie in ihren Absichten nicht nach, bis sie dann 1895 den Kampf wieder aufnahmen, diesmal unter der Führerschaft von Martí, der in der Lage war, den kubanischen Patrioten seine Ideen einzupflanzen.



Seht einmal, wie die Geschichte abläuft. Als La Demajagua auf Santiago de Cuba übergriff, traten dort die Männer der Familie Maceo hervor, trat der Bronzetitan hervor, einer der ruhmreichsten Kämpfer in der Geschichte der Schlachten nicht nur in Kuba, sondern in ganz Lateinamerika und der Welt: 800 Kampfhandlungen; 27 Verletzungen im Gefecht. Was für ein Mann!



In jenem Krieg wurde die Nachbarprovinz Santiago zum Bollwerk des Unabhängigkeitskampfes, wie danach auch Guantánamo, als die von Maceo befohlenen Truppen von Máximo Gómez jene Region befreiten, wo in den Kaffeepflanzungen viele Sklaven arbeiteten, ein Nachklang aus der Zeit der Einwanderung zahlreicher französischer Siedler, die aus Haiti emigriert waren. Dort hatten sich die Sklaven erhoben, mit der Sklaverei Schluß gemacht und sogar einen der besten Generäle des besten Generals jener Epoche und vieler anderer Epochen, der Napoleon Bonaparte war, geschlagen.



Mangos de Baraguá war der Ausgangspunkt der Invasion in Richtung Westen im zweiten großen Unabhängigkeitskrieg. Es ist dies ein wesentlicher Teil unserer Geschichte. Ein relevanter Fakt hierbei ist, daß jene aus Oriente bis in den äußersten Westen von Pinar del Río gelangten – daher auch der Invasionsgeist, der stets in den Orientalen zu beobachten war.



Und was geschah dann? Wir begannen unseren revolutionären Kampf in Santiago de Cuba mit der Erstürmung der Moncada-Kaserne am 26. Juli 1953, und knapp drei Jahre später nahmen wir jenen Kampf wieder auf. Als wir mit der Granma zurückkehrten und bei Las Coloradas an Land gingen (Beifall), ging auf dem Boden von La Demajagua der lange Kampf weiter. Wir erlitten unsere härtesten Rückschläge und ließen uns nicht entmutigen. Mit einer Handvoll Männer begannen wir erneut mit der Aufstellung der Rebellenarmee, die dann mit ihrer gesammelten Erfahrung die Tyrannei, die 80 000 Mann unter Waffen hatte, sehr schnell, in nicht einmal zwei Jahren stürzte; denken wir dabei an den drei Tage nach der Landung erlittenen Rückschlag bei Alegría de Pío, an unsere zerstreuten Truppen, die Ermordung vieler Kampfgefährten, die zufällig dem Feind in die Hände fielen oder die gefaßt wurden und ihr Leben für die Sache gaben, bevor wir mit einer Handvoll Überlebender und mit aufgenommenen Bergbauern wieder eine kleine Abteilung der Rebellenarmee aufzustellen begannen.



Ich bin nicht bei allen offenen Tribünen anwesend, sondern nur ausnahmsweise aufgrund des enormen Arbeitsumfangs, der uns zwingt, uns aufzuteilen. (Beifall) Aber gewöhnlich verfolge ich sie am Bildschirm. Wie schön zu sehen, daß fast immer Genosse Raúl den Vorsitz der Tribünen führt und neben ihm die Kommandanten der Revolution Juan Almeida, Ramiro Valdés und Guillermo García Frías anwesend sind. (Beifall) Ich beobachte sie stets; sie sehen gesund aus und ich meine, sie werden noch eine ganze Weile ihren Beitrag an Erfahrung und Beispielhaftigkeit den jungen Generationen leisten können, die mit außerordentlicher Stärke, außerordentlichen Kenntnissen und außerordentlichen revolutionären Verdiensten heranwachsen (Beifall), die Glauben schenken und eine Garantie sind für den gigantischen und großen Wald, den dieses Volk von Helden sein wird, wenn die in jenen Jahren, über die ich spreche, gepflanzte Saat aufgegangen ist.



Bei unserer Ankunft hier unterhielt ich mich mit Ramiro und Guillermo; dieser Ort, der so viele Erinnerungen in mir wachruft (Beifall), oder die Erinnerungen, die die nahen Berge in uns wachrufen, wo die Rebellenarmee wieder aufgestellt wurde und ihre ersten Gefechtssiege errang; die sich von jener unaufhörlichen Verfolgung erholen konnte, die noch erschwert wurde durch Fälle von Verrat, die fast im Begriff waren, unsere bescheidenen Truppen der völligen Vernichtung preiszugeben.



Hier ganz in der Nähe befindet sich der Schauplatz der Operationen der Kolonne 4, befohlen von Che Guevara, den wie so sehr lieben und dessen wir so sehr gedenken. (Beifall) Diese Wege benutzte er, als er sich zur Attacke auf die Kaserne von Bueycitos anschickte. Ich erinnere mich, es war um den 31. Juli, einen Tag nach dem Tod von Frank País. Er erstürmte jene Kaserne – Ramirito berichtete mir, daß die gut verschanzte Verteidigung etwas mehr als 20 Mann zählte - und beschlagnahmte dort annähernd 20 Waffen. Es war dies eine Art Ausgleich für den furchtbaren Schmerz, den uns allen der Tod von Frank País bereitete.



Hier trug er viele Gefechte aus, denn hier war eine der aggressivsten und blutigsten Abteilungen der Tyrannei stationiert, erzogen im Haß und stimuliert durch Drogenkonsum, denn es war ihnen zur Gewohnheit geworden, ihren Mut mit Marihuana zu stärken. In der Tat war die Abteilung eine der kämpferischsten. Ihr Führer kam in die Sierra Maestra mit dem Rang eines Oberleutnants und verließ sie als Oberst, ja als Oberst und mit einer Schußverletzung am Kopf, die ihm am Ende der letzten Offensive zugefügt wurde.



Hier ganz in der Nähe kämpfte die Truppe Guillermos, und Ramiro hatte den Befehl in jenen Stellungen diesseits des Pico Turquino, an der rechten Flanke östlich von La Plata, wo sich das Hauptquartier der Rebellenarmee befand. Dort gab es auch ein aus Holz und Palmwedeln konstruiertes Feldlazarett, das sehr wichtig war, sowie den Sender Radio Rebelde mit einer Stärke von 1 kW auf dem Gipfel eines Berges, der das ganze Land erreichte und mehr als jeder andere Sender gehört wurde. (Beifall)



Unvergeßlich ist ein Ereignis in unmittelbarer Nähe von hier, zu dem es kam, als wir bereits neue Fronten bildeten, das vordem geschehen war und von mir noch nicht erwähnt worden ist: die Beförderung von Raúl und Almeida Ende Februar 1958 zu Kommandanten (Beifall) und die Bildung von zwei Kolonnen, der Kolonne „Frank País“ unter dem Kommando von Raúl und der Kolonne „Mario Muñoz“ – ein heroischer Arzt, der in der Operation Moncada den Tod fand – unter dem Befehl von Almeida. Beide hatten die Aufgabe, nach Osten vorzustoßen. Raúl sollte die Sierra Maestra verlassen und nach Durchqueren des Tieflandes in der Nähe von Palma Soriano bis zu jenem Punkt in den Bergen vorstoßen, der später die zweite Front in Oriente sein sollte; und Almeida sollte eine Guerrillafront im Umfeld von Santiago de Cuba bilden. Zweieinhalb Monate später machte es sich erforderlich, in einem sehr kritischen Moment die Kolonne Almeidas in die Sierra zurückzuziehen, denn nach der Niederlage des Streiks vom April entsandte die ermutigte Diktatur 10 000 Soldaten ihrer besten Einheiten, unterstützt durch die Luftwaffe, Panzer, Artillerie etc., gegen die Front Nummer Eins in der Sierra Maestra, eigentlich gegen das Hauptquartier, dort wo Radio Rebelde, das Lazarett und die Kommandantur eingerichtet waren.



An diesem Ort hatte der Vormarsch des Bataillons von Sánchez Mosquera begonnen, der zehn Tage lang von Ramiro an der Spitze der damaligen Kolonne 4 und Guillermo mit einem Teil der Truppen von Santiago, die als Verstärkung entsandt worden waren, in erbittertem Kampf und mit der Erfahrung, die beide bereits besaßen, aufgehalten wurde. Jenes bis zu den Zähnen bewaffnete und unter dem Ruf stehende, das beste aller Bataillone zu sein, stieß hier auf den Widerstand von, sagen wir, mehreren Gruppen; ich will nicht sagen, einer Kampanie. Wir waren zu wenig Kämpfer. Vor ein paar Minuten fragte ich Guillermo – er mußte etwa 30 oder 40 Männer in dieser Zone haben und mit diesen versuchte er zu verhindern, daß das feindliche Bataillon von diesem Punkt aus in die Sierra gelangte. Jene Offensive, die letzte, setzte am 25. Mai ein. Sie hatten alle ihre Boden- und Lufttruppen konzentriert. An der Südflanke operierten auch die Fregatten der Kriegsmarine, um uns zu isolieren und anzufeinden.



Zu jenem Zeitpunkt, am 25. Mai, als sie ihre Offensive bei Las Mercedes an der linken Flanke unserer Front einleiteten, waren wir weit unter 300 Mann. Zu unserer Verteidigung verfügten wir nicht einmal über 200 Kämpfer. Doch wir hatten bereits Almeida beauftragt, mit nicht weniger als 50 erfahrenen Männer der Truppen um Santiago de Cuba in die Sierra zurückzukehren, die zu diesem Zeitpunkt bereits in der Zone der Kolonne 4 angelangt waren. Camilo, der im Tiefland operierte, bewegten wir ebenfalls zur Rückkehr, und zum geeigneten Zeitpunkt stießen sie zu uns.



Ungefähr drei Wochen nach Einsetzen der Offensive, da der Kampf intensiver und die Einkesselung von La Plata, von mehreren Bataillonen von unterschiedlichen Punkten aus attackiert, immer enger wurde und die Anzahl der Verteidigungskräfte ungenügend war, erhielt nach Beendigung der Gefechte in Buey Arriba das Bataillon Mosqueras, das nicht in die Sierra gelangen konnte, um von dort den Vormarsch zur Kommandantur zu realisieren, den Befehl, nach Westen vorzustoßen, um in Santo Domingo in der Umgebung von La Plata einzudringen, um von dort aus unseren Befehlsstand zu attackieren. Am 19. Juni langten sie dort an, nachdem sie auf den Widerstand von drei Rebellengruppen im Hinterhalt gestoßen waren. Diese Bewegung kam ziemlich überraschend. Dadurch mußten Truppen bewegt werden, die hinter dem Pico Turquino in der Verteidigung standen, um eine engere und festere Verteidigungslinie zu schaffen. Einige Stunden vor Ankunft der Verstärkung von Almeida und Camilo versetzten am 28. und 29. Juni Truppen der Kolonne 1 zwei Bataillonen einen harten Schlag, die unter dem Befehl von Sánchez Mosquera beabsichtigten, La Plata einzunehmen. Es wurden ihnen hohe Verluste zugefügt, Verluste an Menschenleben und Waffen, über die wir nun verfügten. Am folgenden 30. Juni gingen wir, nun bereits mit Unterstützung der Truppen von Almeida, Ramiro und Camilo und die Demoralisierung des Feindes ausnutzend, zur Gegenoffensive über, brachten die beiden Bataillone in arge Bedrängnis, konnten sie jedoch nicht zerstreuen noch besiegen. Nach Ankunft der Verstärkungstruppen zählten wir annähernd 300 Mann, an denen die 10 000 Soldaten der besten Truppen der Tyrannei in einem pausenlosen etwa 70 Tage andauernden Kampf zerbrachen.



Mehr oder weniger 35 Tage befanden sie sich auf dem Vormarsch, bis sie nach ernsten und immer stärkeren Schlägen den Rückzug antraten, und das bei zäher Verfolgung durch unsere Truppen, die zahlenmäßig wuchsen in dem Maße wie wir dem Feind die Waffen abnahmen. Während ungefähr einem gleich großen Zeitraum attackierten wir, und zu jenem Zeitpunkt dann war zu ihrem Glück der Krieg schon fast zu Ende. Ihre letzten Einheiten konnten entkommen, vielleicht aufgrund der Erschöpfung unserer Männer, die bereits barfüßig gingen. Mosquera war mit seinem Bataillon eingekreist und wurde während dem schwierigen und komplizierten Rückzug verletzt. Nach Ablauf von 70 Tagen verfügten wir über mehr als 900 bewaffnete Männer. Man kann sagen, daß die einzigen Truppen, mit denen wir nicht rechnen konnten und deren Verlegung nicht richtig gewesen wäre, die der zweiten Front waren, denn die Entfernung, in der sie sich befanden, konnte unmöglich in wenigen Tagen geschafft werden. Auch waren wir der Meinung, daß mit all jenen, die wir zusammenzogen, die feindliche Offensive niedergeschlagen werden konnte.



Mit 900 Männer erfolgte nun die Invasion des restlichen Provinzterritoriums und der Hälfte des Landes. Almeida und Guillermo kehrten an ihre Stellungen zurück. Wir schickten weitere Truppen in den Osten; wir schickten Truppen in den Norden der Provinz; wir schickten Truppen, ja sogar eine Kolonne nach Camagüey und wir schickten zwei berühmte Kolonnen, die des Che und die von Camilo mit, wenn ich mich recht entsinne, je 140 und 90 Kämpfern zum Vormarsch nach Westen. Sie erreichten nach der Heldentat von 500 Kilometern Fußmarsch die Zentralprovinz. Es waren Tage voller Ängste und Unruhe, währen sie nach Las Villas unterwegs waren. Auf diese Weise gewannen die Kolonnen in unterschiedlichen Richtungen an Boden gegenüber einem immer stärker demoralisierten Gegner.



Hier war es, von dieser Zone der Sierra Maestra aus setzten sich sämtliche Kolonnen der Rebellen in Marsch; und einige Kilometer von hier begann im November der Vormarsch unserer Kolonne nach Santiago de Cuba. Nun dürft Ihr nicht denken, es habe sich um eine stark bewaffnete große Kolonne gehandelt. Wir waren ein Trupp und 1000 unbewaffnete Rekruten. Wir kamen voran, nahmen einige Gruppen auf, einige kleine Einheiten. Als wir hier anlangten, waren wir nicht einmal 100 bewaffnete Männer. Kurz vor Ankunft hatten wir bereits eine Kompanie des Heeres fast eingekesselt. Es waren die einzigen Truppen Batistas in der Nähe der Sierra. Wir stießen beschleunigt vor. Wir gedachten, den Belagerungsring zu schließen und sie niederzuwerfen. Diese Operation beherrschten unsere Soldaten und Offiziere bereits gut. Ein kleiner Trupp mit einem unserer Offiziere, der noch sehr jung war, besetzte die Rückzugsroute jener Einheit, während wir uns beeilten, um ihre Flucht zu verhindern.



Unserem jungen Offizier mangelte es leider an Erfahrung. Wir benutzten eine psychologische Waffe. Seit Tagen waren wir bereits dabei, den Kompaniechef auszuschalten – das war gut möglich – und erreichten wir ihre Einkesselung, hätten sie keine 24 Stunden durchgehalten. Ich erzähle das hier, auch wenn es mich einige Minuten kostet. Unser Offizier sollte dem Chef jener Einheit eine Botschaft von mir in einem geschlossenen Umschlag übergeben. Er schickt den Umschlag, fügt jedoch noch eine beleidigende Bemerkung aus eigner Ernte hinzu, was unserem Ziel absolut nicht dienlich war und bewirkte, daß jener Chef und seine Kompanie in höchster Eile die Flucht ergriffen. Dabei brauchten wir die Waffen jener Kompanie.



Auf dem weiteren Vormarsch kam es fast unmittelbar zu einer freundschaftlichen Begegnung mit zwei Einheiten des Heeres, die der heutige General Quevedo – er hatte gegen uns in El Jigüe gekämpft, ist aber ein echter Gentleman – nicht als Soldaten sich uns anzuschließen, sondern und nicht mehr zu bekriegen und uns die Waffen auszuhändigen. Damit waren wir dann annähernd 180 bewaffnete Kämpfer. Ich hatte diesen Ort am 17. November 1958 besucht, und drei Tage später setzte dann in Guisa ein, was wir aufgrund der Truppenstärke des Gegners als Schlacht bezeichneten. Es kam zur Schlacht gegen die Truppen von Bayamo, Sitz des Oberkommandos der Operationskräfte des Gegners mit etwa 5000 Soldaten. Von hier aus konnten Lastwagen, Panzer und alles andere auf asphaltierter Landstraße nach Guisa bewegt werden. Dort kämpften wir zehn Tage. Wir wuchsen in dem Maße wie wir Waffen und Munition vereinnahmten bis hin zur Vernichtung jener Truppen und der Einnahme der Stadt.



Bei unserem weiteren Vormarsch nach Santiago befreiten wir gemeinsam mit der Kolonne Almeidas und anderen die von den Truppen des Gegners besetzten Städte: zuerst Baire, dann Jiguaní, Palma Soriano und Maffo, machten Hunderte zu Gefangenen und nahmen ihnen ihre Waffen und Munitionen ab. Es hatten sich alle in Oriente agierenden Kolonnen, alle Fronten, die Rebellen Almeidas, faktisch alle Truppen des Ostens der Provinz zusammengeschlossen, und mit 1200 Mann sollte nun Santiago de Cuba genommen werden. Es gab dort zwei Fregatten sowie 5000 Soldaten. Dort war die Moncada-Kaserne, die wir erstürmen würden, wobei diesmal keiner entkommen sollte. 1200 erfahrene Kämpfer war zahlenmäßig ein ganzer Luxus; denn 1200 gegen 5000, also das war das beste Kräfteverhältnis, das wir je hatten. Da wendet sich der Chef der gegnerischen Truppen an uns und bittet um eine Unterredung. Er kommt im Hubschrauber und bestätigt, den Krieg verloren zu haben und fragt uns, wie er unseres Erachtens zu beenden sei. Unsere Empfehlung war, die Garnison Santiago de Cuba aufzulösen, und er vereinbarte es so. Doch er wollte in die Hauptstadt reisen und führte mehrere Gründe dafür an. Um kein Risiko einzugehen, sagte ich ihm mit Nachdruck: „Begeben Sie sich nicht in die Hauptstadt.“ Unzweifelhaft besaß er Einfluß. Er war Chef des Heeres. Ein Mörder war er nicht; das muß mit aller Offenheit gesagt werden. Er war kein Scherge. Er war in der Tat, man könnte sagen ein zivilisierter Mensch, und in seiner Armee mangelte es ihn nicht an Ansehen.



Wir baten ihn um drei Dinge: erstens “wollen wir keinen Staatsstreich in der Hauptstadt“, das sagten wir ihm mit allem Nachdruck; zweitens „wollen wir nicht, daß ihr Batista entkommen laßt“ und drittens „wollen wir nicht, daß ihr mit der Botschaft der Vereinigten Staaten Absprachen trefft“



Er ging nach Havanna und wir warteten. Am 30. Jenes Monats sollte es zu der Auflösung der Garnison kommen; nichts dergleichen geschah, nur ein Brieflein, einige kurze Mitteilungen. So ließen wir ihm über den Chef der Garnison Santiago die Antwort zukommen, daß wir nach Ablauf der Frist angreifen und die Stadt befreien werden. Es ist dies alles eine lange Geschichte, die man unmöglich an einem Tag dem heutigen erzählen kann. Ich werde lediglich sagen, daß er das Gegenteil jener drei Dinge tat. (Lachen) Er führte einen Staatsstreich in der Hauptstadt; sie verabschiedeten Batista auf dem Flugplatz und trafen Absprachen mit der US-amerikanischen Botschaft. Das sagt alles.



So kommt es zum Ersten Januar. Wir propagieren die Losung, das Feuer nicht einzustellen, den Vormarsch mit aller Kraft weiterzuführen und rufen die Arbeiter des Landes zum revolutionären Generalstreik auf. Dem Aufruf wird von ausnahmslos allen Folge geleistet, obgleich die Führung der Arbeiterbewegung in Händen von Söldnern, von gelben Gewerkschaftsführern lag.



Bei dieser Gelegenheit kam es zum totalen Zusammenbruch. In der gleichen Nacht noch zogen wir in Santiago ein. Es war nicht so wie 1898, als die US-amerikanischen Expeditionstruppen, die in jenen Krieg eingegriffen hatten, als Spanien bereits am Boden lag, als nun damals jene Truppen den Mambises den Einzug in die Stadt versagten. Diesmal kam es zum Einzug der Mambises in Santiago, in Havanna, in Guanahacabibes und am San Antonio-Kap, im gesamten Land, wobei alle Waffen in der Hand des Volkes waren (Beifall) und das ganze Volk vereint war; dieses Volk, das heute mehr denn je zusammenhält, bei dem es keine 30% Analphabeten mehr gibt oder 60% funktionelle oder Halbanalphabeten. Es will schon etwas heißen, wenn nur 10% weder komplette noch funktionelle Analphabeten waren, denn nur etwa 400 000 Kubaner besaßen den Abschluß der sechsten Klasse. Heute haben wir das Doppelte dieser genannten Anzahl an Berufskadern mit Hochschulabschluß (Beifall) Gar nicht zu denken an die künftigen Absolventen! Wenn ich euch so ansehe, Studenten, Schüler der integralen Konsolidierungskurse; denn diese – wie ich bereits sagte – werden die Gelegenheiten haben, die sie wollen. (Beifall)



Seht einmal, wieviel Geschichte sich mit diesem Ort, mit diesen Bergen verbindet! Wieviel Geschichte (Beifall)! Mehr als das Verdienst unserer Guerrillarebellen waren es die Verdienste des Volkes, ohne dessen Unterstützung hätte es keine Revolution geben können, die sich nach der Landung mit sieben Waffen wieder aufraffte und wir den Sieg in weniger als 24 Monaten erzielten, denn die Zeit nach dem Überraschungsangriff, den wir aufgrund unserer fehlenden Erfahrung erlitten, muß abgezogen werden. Wir mußten sehr viel lernen, um von vorn zu beginnen; und nach dem Sieg der Revolution mußten wir wieder lernen. Ich sagte es in Santiago am Abend des 1. Januar; und am 8. Januar, nach erfolgten Einzug in der Hauptstadt, sagte ich in dem heutigen Stadtteil Ciudad Libertad, daß das, was nun kommen werde, noch viel schwieriger sein wird. Und was kam? Die Ruhmestat, die Heldentat, die nicht auszulöschende Geschichte, die ihr geschrieben habt; es wäre fast noch besser zu sagen, die eure Eltern 43 Jahre lang geschrieben haben Auge in Auge mit dem mächtigen Imperium, das uns blockierte, das über uns herfiel und das uns durch Hunger und Krankheiten zugrunde richten wollte und will. (Beifall) Sie haben es nicht erreicht.



Die Hartnäckigkeit des Imperiums hat fast zu einem nuklearen Weltkrieg geführt, eine Hartnäckigkeit, die sie noch nicht aufgegeben haben. Sie können einfach nicht begreifen, daß ein Bezwingen dieser vom Volk verteidigten Revolution unmöglich ist (Beifall), und das nicht nur aufgrund der körperlichen Stärke unserer Kampfgenossen, sondern aufgrund ihrer moralischen Stärke, ihres Willens zu siegen oder zu sterben, des Willens, einen historischen und revolutionären Prozeß zu verteidigen, der uns all das gegeben hat, was wir heute haben; und das ist noch gar nichts; es ist nichts, denn die Fähigkeiten, die im Bereich des Wissens, im Bereich der moralischen Werte, im Bereich des Bewußtseins, im Bereich der Organisation und Administration gewonnen werden, lassen die Programme zu, von denen ich sprach, auch wenn der Zuckerpreis zwischen fünf und sechs Centavos liegt, was einem halben Centavo während der Zeit Machados gleichkommt, während der so viel Hunger in unserem Land herrschte.



Natürlich besaß das Land damals gar nichts. Alles war Eigentum der ausländischen Unternehmen oder der reichen Minderheit dieses Landes. Ein Mädchen sagte es hier. Als sie von der Notwendigkeit sprach, all das zu verteidigen, was heute unserem Volk gehört, dachte ich an die ermordeten Bauern, an die uns bekannten Hunderte von Bauern, die in Angst und Panik lebten, nicht vor dem Krieg, sondern sie hatten an erster Stelle panische Angst vor der Vertreibung von ihrem Grund und Boden; vor den Soldaten, die ihre Häuser anzündeten, mitunter mit den Bewohnern in ihnen und vor der Tötung so vieler Menschen.



Mir kamen jene armen Bauern ins Gedächtnis, Analphabeten, für deren Kinder kein Arzt da war. Wir konnten es sehen, wenn sie in unser Camp kamen; denn sie wußten, dort gab es einen Arzt. Da waren Che Guevara und andere zu uns gestoßene Ärzte. In all diesen Bergen gab es nicht einen Arzt. Wieviel es jetzt sind, weiß ich nicht; vielleicht ein paar Dutzend. Und von hier nach Santiago de Cuba werden es Hunderte sein, denn das Land verfügt über 30 000 Familienärzte, nicht 3, nicht 30, nicht 300, nicht 3000. Es sind 30 000! (Beifall) - das muß laut gesagt werden – und 250 000 Lehrer und Dozenten, dazu die neuen Lehrkräfte, die nach und nach ihr Studium beenden, um Computertechnik zu unterrichten und um die Schülerzahl auf nicht mehr als 20 pro Klassenzimmer zu reduzieren – noch eine der großen Bestrebungen, die Schülerzahl pro Klassenzimmer. Im Rahmen der Programme der beschleunigten Intensivausbildung von Grundschullehrern steigt ihre Anzahl auf das Vielfache. Auch werden wir Zehntausende von Sozialarbeitern haben. Wir werden all das haben, wie es unser Volk verdient; oder um mit Guillén zu sprechen: was und zusteht! (Beifall)



Wir werden jetzt noch mehr haben, denn man arbeitet an Ideen und Möglichkeiten, von denen wir damals, als wir den revolutionären Kampf begannen, nicht einmal träumten.



Ich sah mich genötigt, meine Rede etwas zu verlängern, denn an einem Tag wie dem heutigen möchte man wer weiß wie lange über Ideen reden, Geheimnisse preisgeben, die Geschichte in Erinnerung bringen (Beifall und „Viva Fidel“ – Ausrufe); und nun habe ich die Zeit um einige Minuten überschritten.



Ich weiß, daß ihr noch anderes erfahren wolltet, daß ich euch über Monterrey und vieles andere berichten sollte. Dazu kann ich nur sagen: Alles zu seiner Zeit und an seinem Ort. (Beifall und Ausrufe). Ich weiß, ihr wolltet eine ganze Menge erfahren. Man kann über die Probleme der Welt sprechen, doch dieser ist nicht der geeignete Zeitpunkt. Laßt uns über unsere Probleme, unsere Arbeit, unsere Erfolge, über unsere glänzende Zukunft reden. Blicken wir auf die Zukunft, die unser Volk erobert hat mit seinen Kämpfen; auf die gewonnene Anerkennung, Bewunderung und Unterstützung durch die ärmsten Menschen der Erde, die am meisten gelitten haben in jenen Ländern, wohin unsere Ärzte in den Dschungel und in die Berge gehen, an die unwirtlichsten Orte, wo auch unsere Lehrer hingegangen sind. Wenn jene Völker auf Kuba blicken, dann begreifen sie, daß ein Volk – so klein es auch sein mag – dem Imperium die Stirn bieten kann, so wie es Kuba 40 Jahre lang getan hat und jetzt verstärkt tun muß, da es das hegemonistische Imperium, die einzige Supermacht gibt, die der Herr der Welt ist, ausgenommen diese Insel, deren revolutionäre Errungenschaften sie zu Asche zerstäuben möchten, um eine Mafia von Banditen, Dieben, Kriminellen, Plünderern und Terroristen ins Land zu holen.



Ich frage euch, Jugendliche und Senioren, Männer und Frauen, Kinder und Erwachsene: Wer von euch wird eine derartige Tragödie hinnehmen?



Jene Zeit wird niemals wiederkehren, denn es gäbe keinen einzigen Menschen, der Zeuge von so viel Schmach sein möchte.



Euer Beispiel ist eine Ermutigung für die Welt. Ein Beweis dafür war die Unterstützung, die Solidarität, die Sympathie, wie wir sie in Genf sehen konnten, wo die Worte unseres Außenministers so viel Unterstützung fanden. Er ist hier anwesend (Beifall) neben anderen Ministern, einer Gruppe von Familien, den Müttern und Ehefrauen dieser fünf Helden, die uns in dieser Schlacht begleitet haben und deren Anwesenheit uns mit Stolz und außerordentlichem Enthusiasmus erfüllt. Hier bei uns sind wertvolle Kampfgefährten. Ich sehe Jaime; ich sehe den Chef unseres starken Ejército Oriental, General Espinosa, den ich aus den schwersten Tagen in Angola kenne, als er in Cabinda – die dortigen Energieressourcen waren das Leben jenes Landes, das den Invasionen durch Südafrika und dem Krieg ausgesetzt war – den Angriff schwerer im Dienste des Imperialismus stehender Panzerverbände abwehrte, die aus einem der größten und damals reichsten Länder Afrikas, der Republik Kongo kamen, wo ein Plünderer regierte, den ich gar nicht nennen will; denn es ist nicht der Mühe wert an einem Tag wie heute.



Danke, ihr Landsleute, Bürger von Buey Arriba. Als ich in jenem Novembermonat hierher kam, nannte sich der Ort Minas de Bueycitos. Ich freue mich, ihn so blühend, so schön, so frisch gestrichen anzutreffen, voller Schulen und sozialen Einrichtungen, die es damals nicht gab und die es heute gibt. Doch ich sage noch einmal: Wir sind erst am Anfang! Das ist der Grund, weshalb ich meine – mit mehr Eifer und tieferem revolutionären und patriotischen Gefühl denn je und auf der Grundlage der Jahre, die wir gemeinsam kämpften, der erzielten Siege, des heroischen Durchhaltens nicht nur gegenüber dem Imperium, sondern auch angesichts des Zusammenbruchs des sozialistischen Lagers, jenen, die mit ihren Fehlern und Schwächen uns allein ließen gegen die andere Supermacht -, daß die ruhmreichste Seite nicht nur jene der ersten Jahre war, in denen wir in Girón den Invasor zurückschlugen und ohne zu zögern die Herausforderung und die Risiken der Oktoberkrise eingingen; Stunden von sehr sehr viel Ruhm bedeutete das Durchhalten jener schrecklichen zehn oder elf Jahre der Spezialperiode.



Wieviel Erdulden! Welche Genugtuung trotz all jener von mir erwähnten Aspekte: die Wirtschaftskrise, die miserablen Zuckerpreise, die ebenfalls knapp die Produktionskosten deckenden Nickelpreise und der Rückschlag, den der Tourismus durch den in New York gegen das US-amerikanische Volk verübten Terroristenakt erlitt; dazu die politischen Folgen, die all das mit sich brachte und die die Welt in einen Zustand großer Spannungen und großer Probleme brachten, an die ihr und wir seit langem gewöhnt sind.



Deshalb sage ich mit mehr Hingabe und Leidenschaft denn je: Es lebe die sozialistische Revolution Kubas! („Viva“ – Ausrufe); denn ohne sie wären wir heute nicht das, was wir sind und besetzten nicht, so wie wir sie heute innehaben, die ersten Plätze in bezug auf Freiheit, Unabhängigkeit und soziale Gerechtigkeit, Wissen und Kultur.



Vaterland oder Tod!



Wir werden siegen!



(stürmischer Beifall)

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