Mittwoch, 8. April 2009

Die Widersprüche in der Außenpolitik der Vereinigten Staaten

Reflexionen des Genossen Fidel: Die Widersprüche in der Außenpolitik der Vereinigten Staaten

Nach dem Gipfel der G-20, welcher die Aufmerksamkeit der Welt erregte, kamen über die Nachrichtenagenturen weiterhin Pressemeldungen über die fieberhafte Tätigkeit desjenigen an, der der Star von London war, der neue Präsident der Vereinigten Staaten Barack Obama, der sich in der Phase seiner ersten 100 Amtszeit-Tage befindet, wobei er aufmerksam von allen denen beobachtet wird, welche die internationale Politik aus der Nähe verfolgen.

Mit der Genauigkeit einer Digitaluhr geht er von einem Ort zum anderen und unterhält Treffen mit führenden politischen Persönlichkeiten, begeht Jahrestage, empfängt Ehrungen, besucht Städte, gibt Pressekonferenzen, kündigt Pläne an, verkündet Botschaften und hält Reden.

Der „Überschall“-Gipfel der G-20 war gerade erst zu Ende, als er nach dem französischen Strassbourg abflog, das an der Grenze zu Deutschland liegt. Dort traf er sich am 3. April mit einem Sarkozy, der glücklich darüber war, den Verhandlungstisch der G-20 in London nicht verlassen haben zu müssen. Sie behandelten zahlreiche, Iran, Afghanistan, Russland und den Nahen Osten betreffende Themen und versprachen „Hand in Hand“ arbeiten zu wollen, um eine neue Welt aufzubauen. „Ich bin überzeugt, dass die Vereinigten Staaten, Russland und Europa daran interessiert sind zu verhindern, dass Iran Atomwaffen besitzt. In vielen Fällen haben wir gemeinsame Interessen mit Russland, aber auch Meinungsunterschiede bei grundlegenden Themen“, sagt er.

Es wird angekündigt, dass beide, Obama und Sarkozy, am NATO-Gipfel teilnehmen werden, der unter Anwesenheit von 26 Ländern an jenem Nachmittag in der deutschen Ortschaft Baden–Baden beginnen und am darauf folgenden Tage in Strassbourg abgeschlossen werden wird.

Vor seiner Abfahrt erklärt er, dass „Europa die Vereinigten Staaten jene schwere Last nicht alleine tragen lassen sollte, da das ein Problem ist, das beide Seiten angeht, und so sind gemeinsame Anstrengungen erforderlich“.

„Wir beabsichtigen nicht, die Chefs von Europa zu sein, wir wollen Partner von Europa sein“.

Von Strassbourg aus fährt er nach Baden-Baden, um sich dort mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel zu treffen, und zwar vor einem Abendessen mit den 26 Staats- und Regierungschefs der NATO, plus die Aufnahmebewerber Kroatien und Albanien. Der Gipfel dient zur Eröffnung der Veranstaltungen anlässlich des 60. Jahrestages der Militärorganisation. Es war vorgesehen, dort die Beziehungen zu Russland zu analysieren, welche „im vergangenen August nach dem russisch-georgischen Krieg ihren Tiefpunkt erreicht haben“.

Ein weiteres Ziel war die Diskussion zur Erneuerung des von 1999 stammenden strategischen Konzepts des Bündnisses, um es an die neuen Bedrohungen anzupassen.

Anschließend würden sie die Situation von Afghanistan und Kosovo diskutieren.

In Strassbourg trifft sich Obama am selben Tag, d.h. dem 3., mit mehr als dreitausend jungen Franzosen und Deutschen und hält eine kurze Rede, von der aufgrund der in ihr enthaltenen Kühnheit in der Zukunft recht viel gesprochen werden wird.

„Ich bin diese Woche nach Europa gekommen, um unser Bündnis zu erneuern. Die USA verändern sich, aber es kann nicht nur Amerika allein sein, das sich verändert“. Anschließend kündigt er den Inhalt der Rede an, die er in Prag über die Verbreitung von Atomwaffen halten wird und behauptet, dass seine Zielstellung folgende sei: „eine Welt ohne Atomwaffen“.

In einem anderen Augenblick fügte er hinzu: „sogar jetzt, wo der Kalte Krieg beendet ist, könnte die Verbreitung der Atomwaffen und der Raub von Atommaterial zur Zerstörung jeglicher Stadt des Planeten führen”.

Unumstritten gibt es eine zunehmende Besorgnis auf der Welt aufgrund der riesigen Zerstörungs- und Vernichtungsgewalt jener Waffen, die zur Sorge von anderen Staaten über die Gefahr einer atomaren Sabotage hinzukommt, besonders innerhalb der US-amerikanischen Gesellschaft selbst. Das ist es, was Obama mit seinem Ausspruch: „könnte der Raub von Atommaterial zur Zerstörung jeglicher Stadt des Planeten führen“, wörtlich meint.

Am 4. April hieß er bei einer Ansprache auf dem NATO-Gipfel Kroatien und Albanien im Schoße dieser militärischen Einrichtung willkommen, womit die Mitgliederzahl derselben sich auf 28 erhöht. Der Präsident der Vereinigten Staaten unterstrich, dass schon 140 Albaner und 296 kroatische Soldaten Dienst in Afghanistan getan haben. „Ich bin der Meinung, dass beide stabile Beiträge zum Bündnis leisten werden“.

Die widersprüchlichen Formen, mit der die Ideen des US-Präsidenten ausgedrückt werden, sind offensichtlich.

„Die Tür des Bündnisses steht weiterhin für andere Länder offen, welche die Standards der NATO erfüllen und einen bedeutenden Beitrag zur Sicherheit des Bündnisses leisten können.“

Die Nachrichtenagentur EFE erläutert Folgendes: „Russland zeigt sich sehr kritisch gegenüber der Ausweitung der NATO gen Osten, und besonders in die ehemaligen Sowjetrepubliken, die es als sein natürliches Einflussgebiet ansieht”.

„Das Bündnis hat auf seinem Gipfel vom April vergangenen Jahres in Bukarest, unterstützt von Obamas Vorgänger George W. Bush, einen eventuellen Weg zum Eintritt von der Ukraine und von Georgien versprochen“, erinnert die Meldung.

Zweifelt etwa jemand dran, dass die NATO eine kriegerische und aggressive Organisation ist, die nicht nur Russland, sondern ebenfalls andere Länder überall auf der Welt bedroht? Hätte das Folterzentrum von Guantánamo etwa ohne die Kooperation zahlreicher NATO-Länder geschaffen und aufrecht erhalten werden können?

Die Kühnheit und die Widersprüche kommen erneut auf dem ersten Gipfel des US-Präsidenten mit der Europäischen Union in Prag zum Ausdruck. Er versprach, „die Bemühungen für eine Welt ohne Atomwaffen anzuführen“.

„Wir können nicht erfolgreich sein, wenn wir diese Anstrengungen allein unternehmen, aber wir können die Führung bei denselben übernehmen.”

Konkret sagte er, dass er vorhabe, ein schnelles Ende der Atomversuche zu erreichen und bestätigte seine Absicht, die Zustimmung des Senats zum Vertrag über das umfassende Verbot aller Atomversuche zu suchen.

„Er setzte sich außerdem für einen Weltgipfel über Atomsicherheit für das nächste Jahr ein“, informieren die Agenturmeldungen.

Ebenfalls wurde berichtet, dass “Obama aufgeweckt wurde, um über den Start einer nordkoreanischen Rakete informiert zu werden, die scheinbar Japan überflog. Er bat darum, dass der UN-Sicherheitsrat auf einer für diesen Sonntag einberufenen Notstandssitzung eine unerschütterliche Antwort auf diese Provokation geben solle“.

Die Demokratische Volksrepublik Korea hat am 12. März angekündigt, dass sie als Bestandteil eines Weltraumprogramms zu friedlichen Zwecken zwischen dem 4. und 8. April einen Nachrichtensatelliten starten würde. Das war bekannt, als Obama in Strassbourg zu den jungen Franzosen und Deutschen sprach.

Als er in Prag informiert wurde, formulierte er eine Erklärung, die besagte: „Die Richtlinien müssen beachtet werden, die Verstöße müssen bestraft werden, die Worte müssen irgendeine Bedeutung haben“.

Eine Rakete zu starten, um einen Nachrichtensatelliten in Umlauf zu setzen, eine Technologie zu auszuprobieren bzw. einen Touristen auf einen Spaziergang zu führen ist kein Delikt, ausgenommen, wenn das die Demokratische Volksrepublik Korea tut, die nicht dem Klub der Stärksten, mit den Mitteln zur Anwendung solcher hoch entwickelter Technik angehört. Japan hat die Gelegenheit genutzt, um seine Satellitenabwehrraketen zu justieren und seine Verteidigung zu vervollkommnen, ohne dass irgendjemand ihm dieses Recht bestritt.

Ich bin der Meinung, dass es eine Übertreibung war, Obama in den frühen Morgenstunden aufzuwecken.

Bevor er von Prag abreiste, sagte er auf einer Kundgebung vor 30.000 Menschen Folgendes: „Zu behaupten, dass die Atomwaffen unvermeidbar sind, ist dasselbe, als wenn man sagen würde, dass die Anwendung der Atomwaffen unvermeidbar ist. Die Menschheit muss erneut Herr ihres Schicksals sein”. Diese Behauptung an sich besitzt große Wirksamkeit. Jedoch fügte er anschließend hinzu, dass das von den Vereinigten Staaten auf europäischen Gebiet vorgesehene Abwehrschild ein Programm in Antwort auf die iranischen atomaren Bedrohungen ist. Solch eine Behauptung entspricht jedoch nicht der Wahrheit und ich verstehe nicht, warum sie wiederholt wird.

Russland weist jenen Plan des Abwehrschildes zurück und ist der Meinung, dass er expansionistisch ist, weshalb es seine Annullierung fordert.

Am Sonntag, dem 5. April, kam er in den Abendstunden in der Türkei an.

Nachdem er am Montag in Ankara, Hauptstadt dieser euroasiatischen Nation, mit den türkischen Regierenden zusammengetroffen war und eine Rede im Parlament gehalten hatte, kündigte er an, dass er nach Istanbul reisen werde, um am zweiten Forum der Allianz der Zivilisationen teilzunehmen.

In Prag hatte er versprochen, den Eintritt der Türkei in die Europäische Union zu unterstützen, dem sich Frankreich, Deutschland und andere widersetzen.

Er bat in Ankara erneut um den Eintritt der Türkei in die Europäische Union. Dessen ungeachtet wies er darauf hin, dass die Türkei Anstrengungen unternehmen müsse, um den Rechtsstaat zu verstärken.

Als er in jenem Land ankam, war seine erste Handlung eine Ehrenbekundung für den Gründer der Türkischen Republik, Mustafa Kemal Atatürk.

„Seien wir respektvoll, auch in dem Fall, wenn wir nicht einverstanden sind“, sagte er vor dem Parlament. Eine weitere Aussage mit einem an sich tiefgründigen Inhalt.

„Die Vereinigten Staaten befinden sich nicht im Kriegszustand mit dem Islam und werden es auch nicht sein“, erklärte er.

Tausende Türken waren auf die Straße gegangen, um gegen die Politik der Vereinigten Staaten zu protestieren.

Der Präsident der Vereinigten Staaten beendete seinen Besuch am 7. April um 02:20 Uhr Ortszeit von Istanbul, der wichtigsten Stadt der Türkei, nach einer anstrengenden Rundreise von 8 Tagen.

Sein letztes Treffen war mit den Studenten. Er rief die Jugendlichen dazu auf, Brücken zwischen dem Islam und dem Westen zu schlagen. Wie EFE berichtet, rief er die Moslems dazu auf, die „Karikaturen“ nicht zu beachten, welche die US-Bürger als Ignoranten bzw. Gefühllose darstellen, und versicherte, dass „jenes nicht das Land ist, was er liebt“.

Die erzählten Geschehnisse widerspiegeln die Vielschichtigkeit der Aufgaben, die auf Obamas Schultern lasten.

Er hatte offen erklärt: „nach vier bzw. acht Jahren wird man sagen können, ob ich dieselben politischen Richtlinien weiterverfolgt habe, oder ob die Dinge sich verändert haben“.

Auch wenn er diese genannten Widersprüche in sich vereint, hat der schwarze Präsident, mit einer eisernen Gesundheit, wie eine Arbeitsmaschine und mit regem Geist, seinen ersten Auslandsbesuch mit unbestreitbaren politischen Ergebnissen vollendet.

Er ähnelt seinem Vorgänger absolut nicht.


Fidel Castro Ruz

8. April 2009
19:11 Uhr

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